Bestimmung der antiviralen Wirksamkeit von Textilien und Kunststoffen
Plaquetitertest des Bakteriophagen phi6
Für die Prüfung antiviraler Materialien existieren international normierte Standards, darunter: die ISO 18184 „Textilien - Bestimmung der antiviralen Aktivität von Textilerzeugnissen“ und die ISO 21702 „Messung der antiviralen Aktivität an Kunststoffen und anderen nicht-porösen Oberflächen“. Beide Normen legen als Testorganismen das Influenza A Virus (Grippevirus) und das Feline Calicivirus (FCV, Katzenschnupfen) zu Grunde.
Analog zu den antibakteriellen Prüfnormen werden die antiviralen Prüfungen durchgeführt: Eine vorgegebene Anzahl an Viren wird auf die Proben aufgetragen und nach 2 h (Textilien) bzw. 24 h (Kunststoffe) wieder abgelöst. Die Anzahl der Viren wird dann mittels eines Plaquetitertests bestimmt, indem die Viren in einer dekadischen Verdünnungsreihe auf einen Zellrasen aufgebracht werden und die entstehenden zellfreien Zonen, sog. „Plaques“, gezählt werden. Daraus kann der Virustiter auf den Proben berechnet und im Vergleich zu einem nicht antiviral-ausgerüsteten Kontrollmaterial die Virusreduktion ermittelt werden. Diese Reduktion entspricht der antiviralen Wirksamkeit.
Da die Anzucht und Kultivierung von Viren, im speziellen humanpathogenen Viren, in Zellkulturen relativ aufwendig sind, hat das TITK e. V. die Prüfungen auf antivirale Wirksamkeit durch die Verwendung von Bakteriophagen deutlich vereinfacht. Bakteriophagen infizieren spezifisch Bakterien und sind daher nicht nur einfacher und schneller zu kultivieren als die normgeforderten Viren, sondern stellen zudem auch kein Gesundheitsrisiko für den Menschen dar.
Der verwendete Bakteriophagen phi6 gehört zur Gattung der Cystoviren und damit zur einzigen Bakteriophagenfamilien mit einer vollständigen Virushülle. Aufgrund dieser morphologischen Eigenschaft verfügt der Bakteriophage auch über einen, zu anderen behüllten humanpathogenen Viren, wie dem Influenza A- oder dem SARS-Corona-Virus, vergleichbaren Vermehrungszyklus. Aus diesem Grund eignet er sich hervorragend als Surrogatvirus (vergleichbarer Alternativvirus) für derartige humanpathogene Viren. Folglich können die antiviralen Prüfungen von Textilien und Kunststoffen mit der am TITK e. V. entwickelten Prüfmethode nun einfacher und effizienter durchgeführt werden.